W.I.T.C.H. stand in den 1960ern für »Women’s International Terrorist Conspircacy from Hell« und seither wurde das Akronym von diversen Emanzipationsbewegungen unterschiedlich ausbuchstabiert. Heute ist es in ökofeminstischen, queeren und antirassistischen Zusammenhängen wieder virulent und spätestens seit den Protesten zu Trumps Inauguration auch einem breiteren Publikum bekannt. Als Ausgangsfrage für unser Seminar könnte W.I.T.C.H. für »What If Truths Choose Herecy?« stehen, denn wir wollen uns Wissens- und Wahrheitspraktiken widmen, die als ketzerisch galten und teils noch heute queer zu dominanten disziplinären Logiken liegen.

Wir beschäftigen uns mit der Geschichte der Diffamierung, Verfolgung, Rehabilitation und (Wieder-)Aneignung von Hexen und Hexerei und fragen dabei nach Effekten wissenschaftlicher Disziplinierung einerseits und spekulativen Formen emanzipatorischer Geschichtsschreibungen und Wissenspraktiken andererseits.

In Lektüren von Silvia Federici, Isabelle Stengers, Starhawk, Beatrice/Paul Preciado und Saidiya Hartman sowie im Bezug auf transdisziplinäre ästhetische Praktiken von Lygia Clark, AA Bronson, Melanie Bonajo und anderen diskutieren wir: Welche weniger gewaltförmige Wissen (im Plural) liegen jenseits einer Disziplinierung durch kapitalistische und rationalistische Zwänge? Was könnte Wissen mit Lust zu tun haben? Oder mit Fürsorge? Zu welchen Wissen haben wir (wer?) überhaupt Zugang? Welche Ästhetiken und Poetiken (Wahrnehmungsweisen und Darstellungsformen) lassen Raum für lebensweltliche Konsequenzen von Wissen, die sich als komplexer erweisen als bloß »wahr oder falsch« zu sein? Aber auch: Welche Denkfallen drohen bei der Suche nach Zugängen zu anderem Wissen und wie üben wir uns in einem vorsichtigen Umgang damit? Denn wir müssen denken (wie Stengers und Donna Haraway betonen), anders denken.

Angestammte Grenzen zwischen Theorie und Praxis, Science and Fiction, Wissen und Magie, Kunst und Therapie werden wir dabei mitunter missachten müssen.