Die Rede von der “grauen” Theorie hört man immer seltener. Ob Kritische Theorie, Queer Theory oder French Theory - gegenwärtiges, lebens- und kunstnahes Denken sortiert seine Themenfelder, Prämissen und Affinitäten oft in Form des Theoretischen. Theorien sind dabei nicht ästhetisch abstinent, sondern setzen auf eigensinnige Schreibweisen, Bild-Text-Montagen oder erzählerische Formen. Die Künste sind wiederum längst nicht mehr “das Andere” der Theorie, sondern etablieren eigene Verfahren der Erkenntnis und gestalten das Verhältnis zwischen künstlerischer Praxis und Theorie neu. Die Konjunktur der “Verschwörungstheorien” von den 9/11-Truthern über Pizzagate hin zur “Klimalüge” zeigt allerdings, dass Theoretizität erst einmal kein Güte-Kriterium ist. Was ist eine Theorie und welche Rolle nimmt sie in der intellektuellen Geschichte vom 20. Jahrhundert bis in unsere Gegenwart ein? Wie stiften Theorien Erkenntnis? Und was zeichnet die besondere Ästhetik von Theorien selbst aus?

Im Seminar wollen wir Grundlagenwissen über wichtige rezente Theoriebildungen vermitteln und in besonderer Weise die ästhetische Gemachtheit von Theorien sowie ihre Erkenntnisverfahren untersuchen. Den Schwerpunkt legen wir dabei auf Theorien, die sich auf Kunst und ästhetische Phänomenen fokussieren. Wir beschäftigen uns konkret mit Verschwörungstheorien (Butter), Wissens- und Gewissheitstheorien (Wittgenstein), ästhetischen Theorien und der Kunstwerdung der Theorie (Busch), künstlerischer Forschung (Siegmund) sowie situierten Theorien (Haraway). Auf dem Spiel steht dabei, wie sich im Theoretischen ästhetische und epistemische Verfahren überkreuzen, um unterschiedliche Formen des Wissens, Nicht-Wissens und Befragens zu konturieren.
Die Diskussion der Theorien wird in allen Sitzungen durch künstlerische Fallbeispiele konkretisiert.