ENG:
The tradition of acoustic ecology, which began in the late
1960’s with Murray R. Schafer, proposed a romanticized perception of
nature, presenting the soundscape of the environment as idealized in
contrast to the urban noise of humans. However, recent inquiries in the
field of sonic ecologies and sound art have addressed more complex and
ambivalent conceptual relations to human/non-human soundscapes,
acknowledging fragile attunements to engage with sonic worlds.
For
Bruno Latour and Timothy Morton, "nature" is not a useful term, because
it is too vague a concept to engage with current ecological disasters.
Global capitalism has indeed led to a paradoxical situation, where the
human productivism inherently implies the collapse of the biosphere and
increased environmental instabilities. The complex entanglements of
living worlds, organisms and ecosystems now often occur in the
interstices of a planet characterized by anthropo-technological
domination. In this context, Anna Tsing raises the question of the
possibility of living in the ruins of capitalism, seeking ways to attune
sensibly to an uncertain present and (im)possible futures, while Donna
J. Haraway invites to stay with the trouble while (re)thinking the
relations between companion species.
In transdisciplinary
artistic practices, the microphone and recording devices offer the
possibility to document the soundscapes of disappearing ecosystems and
non-human species, but might also invite to listen otherwise by
triggering imaginative and collective potentialities in precarious
times. The seminar will explore both practical and discursive dimensions
at the intersection of critical ecologies, sound studies and sonic arts
while investigating what can and cannot be heard raising complex issues
and questions on listening, ethics, power, agency, technology, and
subjectivity. The aim of the seminar is not only to stay with the
trouble but also to attentively listen to it.
DE:
Die
Tradition der akustischen Ökologie, die in den späten 1960er Jahren mit
Murray R. Schafer begann, vertrat eine romantisierte Wahrnehmung der
Natur: die Soundscapes der Umwelt wurden im Gegensatz zum urbanen Lärm
der Menschen idealisiert. Aktuellere Perspektive im Bereich der
Klangökologie und der Klangkunst haben sich jedoch mit komplexeren und
ambivalenten Verhältnisse zu menschlichen/nicht-menschlichen Soundscapes
befasst und erkennen fragile «Attunements» in der Auseinandersetzung
mit Klangwelten.
Für Bruno Latour und Timothy Morton ist "Natur"
kein brauchbarer Begriff, weil er zu vage ist, um sich mit den
aktuellen ökologischen Katastrophen auseinanderzusetzen. Der globale
Kapitalismus hat in der Tat zu einer paradoxen Situation geführt, in der
der menschliche Produktivismus den Zusammenbruch der Biosphäre und
zunehmende Umweltinstabilitäten nach sich zieht. Die komplexen
Verflechtungen von Lebenswelten, Organismen und Ökosystemen finden heute
oft in den Zwischenräumen eines Planeten statt, der von
anthropo-technischer Herrschaft geprägt ist. In diesem Zusammenhang
wirft Anna Tsing die Frage auf, ob es möglich ist, in den Ruinen des
Kapitalismus zu leben, und sucht nach Wegen, sich sensibel auf eine
ungewisse Gegenwart und (un)mögliche Zukunft einzustellen, während Donna
J. Haraway dazu einlädt, unruhig zu bleiben und die Verwandtschaft
zwischen «Companion Species» anders zu denken.
In
transdisziplinären künstlerischen Praktiken bieten Mikrofon und
Aufnahmegeräte die Möglichkeit, die Soundscapes verschwindender
Ökosysteme und nicht-menschlicher Arten zu dokumentieren. Die Klänge
können aber auch dazu einladen, anders zuzuhören, indem sie eine
imaginative und kollektive Potenzialität in unsicheren Zeiten auslösen.
Das Seminar wird sowohl praktische als auch diskursive Dimensionen an
der Schnittstelle von kritischer Ökologie, Sound Studies und Klangkunst
erforschen und dabei erkunden, was gehört wird oder ungehört bleibt. In
diesem Kontext werden komplexe Themen und Fragen zu Ethik, Macht,
Handlungsfähigkeit, Technologie und Subjektivität aufgeworfen. Ziel des
Seminars ist es, nicht nur unruhig zu bleiben, sondern diese Unruhe
aufmerksam zuzuhören.
- Kursanbieter/in: Patrick (MTR) Müller