sich verlandschaften – auf der Suche nach einer relationalen Praxis Landschaft war einmal ein Bild. Im 16. Jahrhundert etablierte sich die ›Landschaft‹ (wie auch ›landscape‹ und ›paysage‹) zunächst als Fachbegriff der Malerei und Dichtung, um damit einen angeschauten Naturausschnitt zu bezeichnen oder genauer: die von einem distanzierten Betrachtersubjekt angeblickte Gegend als Objekt des Gefallens. Heute ist ein solches Landschaftsbild und -verständnis fragwürdig geworden: Mehr-als-menschliche Ökologien oder die Actor-Network-Theory verdeutlichen, inwiefern die Entgegensetzungen von Subjekt-und-Objekt sowie Natur-und-Kultur idealisiert und konstruiert sind. Und postkoloniale und ökofeministische Anthropozentrismus-Kritiken betonen den extraktivistischen und gewaltförmigen Charakter solcher Dichotomien. Damit einher geht eine vielgestaltige Suche nach anderen, nicht von Wertschöpfungsansprüchen geprägten Relationen zu dem, was als ›Natur‹ verstanden wurde. Ökosysteme wie z.B. das Río Atrato Gebiet in Kolumbien erhalten offiziell den Status von Rechtssubjekten; indigene Selbst- und Weltverhältnisse werden dekolonial als ›anderes Wissen‹ diskutiert; künstlerische Arbeiten wie Pierre Huyghes »After ALife Ahead« (2017) oder »4 Waters: Deep Implicancy« (2018) von Denise Ferreira da Silva & Arjuna Neuman konzentrieren sich auf mehr-als-menschliche Verflechtungen. Dennoch wirken verobjektivierende Vorstellungen von Landschaft und romantisch verklärende Erhabenheits- und Sehnsuchtsbilder auch heute noch in visuellen Alltagskulturen fort: sei es als helvetisches Idyll ländlicher Bergwelt oder hochalpine Selbsterfahrung, als Sonnenuntergang auf Instagram, Yoga Retreat in den Pyrenäen oder als exotisierende Steppeninszenierung im Zürcher Zoo. Vor diesem Hintergrund fragt die viertägige Frühjahrsakademie: Wie müssen wir das, was einmal Landschaft hiess, inzwischen anders betrachten, um andere Verhältnismässigkeiten zu gewinnen? Wie nähern wir uns dem Gedächtnis versehrter Landschaften? Wie ihrem Werden? Wie ist Landschaft relational zu denken – oder: zu praktizieren? Was sind die verkörperten, performativen Dimensionen von mehr-als-menschlichem landscaping? Wie und wo fügen wir uns ein oder werden teil, statt „vor einem Bild“ zu stehen? Wie können wir uns post-humanistisch verlandschaften? – Ohne dabei Unterschiede einzuebnen? Das titelgebende »sich verlandschaften« der Frühjahrsakademie spielt mit dem ›sich verwandt machen‹, ›sich anverwandeln‹ im relational Landschaftlichen. Wir begeben uns damit auf die Suche nach einem sensiblen, selbstkritischen, geschichtsbewussten und begegnungsoffenen Verhältnis zu Umgebungs- und Lebensräumen, die nicht fixierbar sind. In Lectures, Performances, Textlektüren und Workshops widmen wir uns ästhetischen, gegenwartskünstlerischen und kulturanalytischen Positionen, die Landschaft als relationale Praxis zu denken und zu erfahren erlauben.