Kulturanalytische Methoden des Forschens und Schreibens werden meist in
geisteswissenschaftlichen akademischen Diskursen und Praxisfeldern
erlernt und zur Theoriebildung angewendet. Im Kontext der
Kunsthochschulbildung spielt Theorie nach wie vor eine umstrittene
Rolle: Theoretische Texte und akademisches Schreiben (insbesondere von
Geistes- und Sozialwissenschaftler*innen) wird gehandelt, vermarktet,
verkauft, konsumiert und missbraucht wie Zuckerwatte oder Popcorn auf
der Chilbi. Die thematische Tiefe und das Engagement sowie die
sprachliche Präzision von ebendieser Arbeit wird jedoch oft als
verdächtig abstrakt, abgehoben oder sogar gefährlich für die Praxis von
Kunstschaffenden angesehen. Die produktive Verbindung beider "Praktiken"
und ihre jeweilige gegenseitige Beeinflussung muss das Ziel von
künstlerische-forschenden und -lehrenden Praktiken sein. Der
theoretische, sorgfältig-reflexive Blick auf gesellschaftliche Probleme
und das damit verknüpfte Interesse an sozial-politischer Veränderungen
soll hier mit künstlerischen und bildungsrelevanten Praktiken in
Zusammenhang gebracht werden. Die zwei methodischen Hauptstränge der
kulturanalytischen Theoriebildung – concepts & objects – werden
anhand von künstlerischen und theoretischen Beispielen eingeführt.
Anhand der gemeinsamen Erarbeitung exemplarischer kulturtheoretischer
Konzepte (wie crisis, agency, temporality, orientation, care, etc.) und
durch das Üben von kulturanalytischen Praktiken wie close-reading,
image-thinking, art-writing (Mieke Bal), werden wir versuchen
kulturanalytische Methoden für kunstpädagogische Settings fruchtbar zu
machen.
Thematische Ausrichtung wird im weitesten Sinne die
Verknüpfung, bzw. die paradoxe Beziehung, von Körper und Text/Sprache
sein, da diese in Bildungszusammenhängen wie auch in der Theoriebildung
oft vernachlässigt wird, jedoch gerade im Zusammenhang mit der Forderung
nach mehr Differenzsensibilität (critical diversity) immer wieder neu
verhandelt und erprobt werden muss. In Anlehnung an und gleichzeitiger
Infragestellung von bekannteren Lehren der Literacy (visual, digital,
media, communication, etc.) läuft das Seminar unter dem Motto Coporeal
Literacies (Maaike Bleeker, Bonaventure Ndikung).
- Kursanbieter/in: Jules Sturm